Zum Film - Der Mann mit der Kamera
"Der Mann mit der Kamera“ ist ein inszenierter, poetischer und reflexiver Dokumentarfilm.
Russland in den 1920er Jahren - rasante Entwicklungen, Umstürze, Revolutionen.
Wie lebt es sich in einem Land, in dem es immer wieder Neues gibt, einem Land, das für das Volk eine derart extreme Entwicklung vollzieht?
Dziga Vertovs Film „Der Mann mit der Kamera“ zeichnet ein beeindruckendes Bild einer russischen Großstadt. Der Zuschauer folgt einen ganzen Tag lang einem Reporter, der Eindrücke vom Leben der Bevölkerung aufnimmt. Die Fragen des Woher und Wohin des Lebens werden angesprochen: einerseits sollte Vertov filmisch zum Gefolgsmann der sowjetischen Ideologie werden, andererseits aber humanisierte er diese, indem er den Menschen und das menschliche Leben in den Mittelpunkt stellte. Man erwartete damals von Vertov einen Film für die Mission des Sowjetsozialismus und er aber lieferte eine transferierte Mission für die Humanität. Dadurch setzte sich Vertov gegenüber der stalinistischen Regierung ins Aus, die seinen Film als "formalistisch" brandmarkte und verbot.
In Kombination mit der Minimal Music von Komponist Michael Nyman, die sowohl den Film verstärkt, als auch eine eigene Dynamik zu entwickeln scheint, stellt der Film ein spannendes und ungewohntes Erlebnis da.
Vom künstlerischen Leiter Christian de Witt stammt die Bearbeitung für das JugendZupfOrchester NRW, die die Wirkung der Musik sogar noch zu verstärkt. Die motorisch treibenden Klänge von Mandolinen, Gitarren und Kontrabässen saugen die Besucher in die dynamische Welt einer Großstadt vor hundert Jahren.
Kein kraftvoller Rausch mehr, sondern zur Besinnung anregende Kaskaden im besonderen akustischen Raum einer Kirche.
Man kann und darf nun im Kirchenraum neugierig und offen sein, man kann und darf ihn visuell und akustisch neu wahrnehmen - vielleicht ein möglicher Weg des Gottsuchens auch einmal abseits bekannter oder sogar ausgetretener Pfade ?!